Liebe Channelcast-Freunde,
vergangene Woche bekam mein Freund Uwe, nach eigenem Bekunden „der letzte PC-Händler Deutschlands“ und stellvertretender Inhaber der „PC-Ecke“ in München-Lochhausen, Besuch von einem Herstellervertreter. Dieser Vertreter, nennen wir ihn Jürgen, kommt einmal im Jahr beim Uwe vorbei. Motto: „Mach dir ein paar schöne Stunden, geh zum Kunden.“ Der Uwe meint, der Jürgen hätte es auch nicht leicht. Aber gut, wer hat das schon? Dafür fährt der Jürgen ein schönes Auto und bekommt ein 13. Monatsgehalt und manchmal auch einen Bonus. Das ist ja auch was wert.
Ganz am Anfang, bei einem seiner ersten Besuche, hatte Jürgen den Uwe gefragt: „Sagen Sie mal, Herr Bauer“ – damals waren die beiden noch per Sie, heute natürlich schon lange beim Du – „sagen Sie mal, Herr Bauer, wie können wir eigentlich zusammen mehr Geschäft machen?“ Wie, hatte der Uwe sich damals gefragt, wie „wir zusammen“? Wollte der Jürgen jetzt beim Uwe im Laden anfangen oder was? Das wollte der Jürgen natürlich nicht. Der Uwe war ja damals noch recht neu im PC-Business und musste erst noch lernen, dass man manche Sätze aus dem IT-Business-Slang übersetzen muss. So lernte Uwe dann recht schnell, dass der Satz „Wie können wir zusammen mehr Geschäft machen?“ eine andere Formulierung ist für die Frage: „Warum machen Sie nicht mehr Umsatz mit uns, Sie Depp?“ Aber gut, das würde der Jürgen so natürlich niemals sagen. Zumindest nicht laut.
Der Uwe hat dem Jürgen dann geantwortet: „Sie, das ist ganz einfach. Ich weiß genau, wie wir zusammen mehr Geschäft machen können: Geben Sie mir einfach tolle Produkte, welche die Kunden wollen, und dann geben Sie mir noch die Kunden, welche die Produkte wollen (Achtung, Insiderwissen: Leads!!!). Um den Rest kümmere ich mich dann ganz alleine.“ Da hat der Jürgen nur gelacht, erzählte mir der Uwe. Fand der wohl komisch.
Letzte Woche hat sich, wie gesagt, der Jürgen wieder einmal blicken lassen. Erst haben sie gemütliche Kaffee getrunken und dann hat der Jürgen dem Uwe von dem tollen neuen Partnerprogramm vorgeschwärmt, das sie jetzt haben.
„Partnerprogramm“ hört sich ja erst mal gut an. Allerdings musste der der Uwe auch in diesem Fall lernen, dass die IT-Branche unter dem Wort „Partnerprogramm“ etwas völlig anderes versteht als der Normalbürger. Im normalen Leben versteht man ja unter einem „Partnerprogramm“…also zum Beispiel: Wenn wir, der Uwe und ich, mit unserem Männergesangsverein „Harmonie Lochhausen“ einmal im Jahr in den Sauerlandstern nach Willingen fahren, dann gibt es für unsere mitreisenden Frauen auch immer ein Partnerprogramm. In diesem Fall ist „Partnerprogramm“ ein anderes Wort für „Spaß bis unter die Arme.“ In der Computerbranche bedeutet „Partnerprogramm ja ganz was anderes und hat auch mit Spaß nichts zu tun. Das ist mehr so ein Ehevertrag, sagt der Uwe. Da wird geregelt, wer was zu tun hat und was er dafür von dem anderen bekommt.
Jedenfalls: So ein Partnerprogramm haben heute alle Hersteller, die etwas auf sich halten. Und wer tut das bekanntlich nicht? Der Uwe glaubt ja, dass die Hersteller in Sachen Partnerprogramm alle voneinander abschreiben. Denn die Partnerprogramme wären alle gleich, meint der Uwe.
Der Uwe sagt, er würde sich nicht wundern, wenn es in der Branche nur einen einzigen Partnerprogrammschreiber gäbe, so einen Partnerprogrammbeauftragten, der vielleicht sogar vom Bitkom bezahlt wird und der von Hersteller zu Hersteller zieht und dort das immer gleiche Partnerprogramm hinterläßt.
Da gibt es ja immer diese Einteilung in Gold, Silber, Bronze. Die gibt es immer. So wie bei den Olympischen Spielen. Motto: „Dabei sein ist alles.“ Das Originellste ist noch, wenn ein Hersteller bei seinem Partnerprogramm die Stufe „Platin“ eingeführt hat.
Der Uwe meinte ja, so ein Partnerprogramm sei nichts anderes als der Versuch eines Herstellers, den Händlern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sagt der Uwe. Und das hätte er auch dem Jürgen gesagt. Der Jürgen fand das aber übertrieben.
Gut, man kann es auch höflicher sagen, meinte der Uwe. Ein Partnerprogramm ist der Versuch eines Herstellers, die Händler am Erfolg zu beteiligen. Also am Erfolg des Herstellers, versteht sich. Und zwar nicht so, dass die Händler vom Erfolg des Herstellers etwas abbekommen, sondern dass sie einen Beitrag leisten, damit der Hersteller erfolgreich ist. So kann man Erfolgsbeteiligung natürlich auch verstehen!
Gut, sagt der Uwe, das sei schon ziemlich clever! Weil es ja auch funktioniert. Die Hersteller haben es tatsächlich geschafft, dass die Händler dafür bezahlen, dass sie die Produkte des Herstellers verkaufen dürfen. Die Hersteller nennen das dann Autorisierung oder Zertifizierung und verlangen dafür ein paar tausend Euro. Und dafür kriegen die Händler eine Urkunde im Wert von 2,50 Euro. Inklusive Rahmen, versteht sich. Der Uwe kann sich darüber fürchterlich aufregen. Aber nützt ja nichts.
Nun ist der Uwe ja ein kreatives Köpfchen. Also hat er eines Tages zum Lars, seinem Sohn und eigentlichem Inhaber der PC-Ecke (siehe Folge 1), gesagt: „Lars“, hat er gesagt, „wenn wir Händler so blöd sind und dem Hersteller allein dafür das Geld in den Rachen werfen, dass wir überhaupt deren Produkte verkaufen dürfen, dann klappt das doch vielleicht auch mit unseren Kunden. Vielleicht haben die auch so ein Brett vor dem Kopf. Lass uns einfach Folgendes machen“, hat der Uwe dem Lars gesagt: „Wir verlangen von jedem Kunden Eintritt, bevor er überhaupt in den Laden darf. Dafür kann er sich dann die Geräte anschauen, und wir beraten ihn auch nach bestem Wissen und Gewissen. Meinetwegen kriegt er auch noch einen Kaffee. Und die Lizenz zum Kaufen hat er dann auch. Ist das eine gute Idee?“
Gut, der Lars war jetzt von der Idee spontan noch nicht so begeistert. Aber er wollte noch mal darüber nachdenken. Aber der Uwe glaubt nicht, dass daraus was wird. Der Lars, meint er, der sei einfach zu eng im Kopf. Dem fehle die Phantasie.
Also ich finde das auch schon ein bisschen komisch, muss ich ganz ehrlich sagen. Man stelle sich doch einfach mal vor, der Hersteller macht selbst einen Laden auf mit eigenen Leuten. Müssen die dann für Schulungen und Zertifizierungen auch bezahlen? Gut, ich vermute, die Hersteller würden das schon ganz gerne so machen. Aber das trauen sie sich dann doch nicht. Nee, statt dessen kriegen die Mitarbeiter zu ihrem Gehalt auch noch einen Bonus obendrauf.
Der Uwe sieht das genauso. Eigentlich, sagt er, eigentlich müssten die Hersteller den Händlern Geld dafür GEBEN, dass sie ihre Produkte in ihren Läden ausstellen. Geld GEBEN! Und nicht NEHMEN!
Ja klar, sagt Uwe, das sei doch wohl logisch! So würden sich die Hersteller doch ihre eigene Ausstellungsfläche sparen. Die Leute aus Ingolstadt, die von Media-Saturn, die hätten das verstanden, die seien clever, sagt Uwe. Die hätten´s kapiert. Die wären smart.
Aber gut.
Der Jürgen übrigens, der ist dann irgendwann wieder gegangen. Zum Abschied sagte er dem Uwe noch, dass er immer für ihn zu sprechen wäre, wenn er irgendwas bräuchte. Uwe könne ihn jederzeit erreichen. „Jederzeit“!
Ja gut, der Uwe hat dann spaßeshalber ein paar Tage später seinen Wecker auf 3:30 Uhr nachts gestellt und hat den Jürgen einfach mal angerufen. Von wegen „jederzeit erreichbar“. Der Jürgen hat sich vielleicht gefreut!
(Copyright by Damian Sicking)