„Ich fürchte die Danaer, selbst wenn sie Geschenke bringen“

Eine Vertriebsorganisation durch gezielte Incentives und Boni zu steuern ist eine hohe Kunst. Nicht eben einfacher wird die Aufgabe, wenn das Modell „indirekter Vertrieb über Partner“ heißt. Zum ersten Mai sind bei HP neue Vergütungsmodelle für die Partner in Kraft getreten.

Unter dem lauten Jubel der Partner hatte HP CEO Meg Whitman auf der Partnerkonferenz Mitte Februar in Las Vegas das Bekenntnis zum Channel bekräftigt. Wer mehr verkaufe werde auch mehr verdienen, unabhängig von Umsatzzielen und Obergrenzen. Man wolle der für die Partner profitabelste Hersteller sein.

Seit Anfang Mai ist das neue Partnerprogramm aktiv und mit diesem auch das neue Konditionenmodell. Die Partner beurteilten die Neuerungen „VERY POSITIVE“ wie mein Kollege Steve Burke von der CRN USA auf Anfrage bestätigte. Hierzulande scheint einigen aber der Jubel im Hals stecken geblieben zu sein. Getreu der Warnung des Laokoon in der Aeneis: „Ich fürchte die Danaer, selbst wenn sie Geschenke bringen“, verändert das neue Modell das Geschäft erheblich. Auch tut sich ein größerer Graben zwischen Enterprise Group und PPS auf.

Aufmerksamen Keynote-Zuhörern hätte es klar sein können: Die Whitman’sche Ankündigung schafft das komplizierte System der Umsatzziele für die Partner ab. Zum Teil zumindest, nämlich für Partner der Enterprise Group. Bonus gibt es ab dem ersten Dollar Umsatz ohne Begrenzung nach oben. Aus Back-End-Boni wird so de fakto Front-End-Marge. Dafür werden von Preferred und Gold Partnern künftig zwar nicht unbedingt mehr Zertifikate verlangt aber mehr zertifizierte Mitarbeiter, auf die diese verteilt sind.

Während die Enterprise Group das Programm vereinfacht, werden die Dinge bei der PPS komplizierter. Die PfR-Boni mit Umsatzzielen auf einzelne Produktgruppen gibt es weiterhin, ebenfalls die Einstiegshürde; der Deckel wurde höher gelegt. Allerdings fallen diese Vergütungen geringer aus. Einen weiteren Bonus (Fix Fee) gibt es flankierend ab dem ersten Dollar Umsatz. Dazu sind eine ganze Reihe Ausnahmen definiert sowie der Grundsatz, dass höher zertifizierte Partner höhere feste Ausschüttungen erhalten.

Wer die Änderungen studiert, den beschleicht der Verdacht, dass die PPS auf EMEA-Ebene – nicht eben zufrieden mit Meg Whitmans Ankündigungen – versucht hat, möglichst viel vom alten Modell in die neue Welt hinüber zu retten. Es ist davon auszugehen, dass das PPS-Programm noch unter Federführung des scheidenden EMEA-Chefs Eric Cador gestaltet wurde. Interessant wird es, zu sehen, welche Veränderungen das Gespann Herbert Koeck und Frank Obermeier bei der PPS bringen wird.

Interessant ist auch die Frage, ob allen Beteiligten alle Auswirkungen der Veränderungen bewusst sind. Oder wie es ein Partner auf den Punkt gebracht hat: „Die meisten werden kalkulieren wie immer und dass die Rechnung nicht mehr aufgeht, wird ihnen erst bei Jahresabschluss klar. Aber dann ist es zu spät“. Sprich: mit Kollateralschäden im Channel ist zu rechnen.

„Die Großen werden bevorzugt und die Kleinen schauen in die Röhre“, heißt es hinter vorgehaltener Hand aus dem HP-Channel. In der Kritik stehen hier die Zertifizierungsregelungen, die mehr festangestellte zertifizierte Mitarbeiter verlangen als bisher. „Für viele mittlere und kleine Partner ist das nicht zu leisten“, kritisiert ein HP Partner, „und wer es nicht leisten kann, der bekommt zur Strafe schlechtere Preise“. Schlechtere Preise nicht, müsste man einwenden, nur weniger Bonus. Aber angesichts der Tatsache, dass in der Praxis der Großteil der Boni in die Preise wandert, dürfte das beinahe auf dasselbe hinaus laufen.

Allerdings soll die neue Regelung auch erreichen, dass die Boni nicht mehr als Waffe im Kampf der HP-Partner untereinander eingesetzt werden. Und zumindest die klare Regelung der Enterprise Group zielt hier in die richtige Richtung, ebenso wie die neue Bestimmung, bei Projekten schon ab der Projektanmeldung einen Distributor zu benennen, über den der Partner den Deal realisieren wird.

Teilweise dramatisch sollen sich auch die Veränderungen der Konditionen in der Distribution auf das Geschäft der Partner auswirken – vor allem die Klassifizierung in „Unattended“ und „HP-led-Partnern“. Doch dazu in Kürze mehr. Denn – so die Planung – wir sprechen im nächsten Channelcast über Hintergründe und Auswirkungen des neuen Partnerprogramms mit den deutschen HP-Channelchefs Gaby Pohl (PPS) und Ulrich Seibold (ESSN).

 

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