Lieber Andreas – oder warum Personalisierung sich nicht in der Anrede erschöpfen sollte

Personalisierung ist super. Als ich vor einigen Jahren das erste richtig personalisierte Mail bekommen habe, war ich völlig von den Socken und habe sofort reagiert. Seither ist viel geschehen, das meiste war Unfug.

Personalisierung von Mails ist prinzipiell einfach. Man unterscheidet in der Anrede zwischen Du und Sie und setzt gegeben falls den Vornamen ein. Technisch kein Problem. Ein weiteres Feld in der Adressdatenbank – oder im CRM-System – Mailing schreiben, fertig.

„Lieber Andreas, …“ hat mich ein Mailing eines guten Bekannten vergangene Woche erreicht. Kurzer Blick auf den Absender: Der darf das. Wir kennen uns wirklich und wirklich auch gut genug. Die Anrede ist authentisch. Dieser Vorgang dauert Millisekunden und läuft völlig unbewusst ab. Also fange ich an zu lesen. Allerdings beschleicht mich bereits im zweiten Satz der Verdacht, dass es sich um eine Massenmail handelt und ich nicht wirklich gemeint bin. Im vierten Satz habe ich die Gewissheit, denn das Mailing ist vollständig in Marketing-Deutsch abgedriftet. Schade eigentlich.

Dabei hat sich der Absender schon Mühe gegeben. Nur hat er die persönliche Ansprache nicht durchgehalten. Während des Lesens checkt ein Hintergrundprozess, der völlig unbewusst abläuft, die Authentizität des Textes: Ist das wirklich der, der das Mail schickt; schreibt der tatsächlich im Mail so, wie er es sagen würde.

„Na, dann hat es halt nicht so gut funktioniert“, sagen jetzt vielleicht viele Mailing-Verfasser, „aber immerhin hat Dein Bekannter seine Botschaft transportiert, denn Du hast das Mailing ja gelesen.“

Und oberflächlich gesehen möchte ich zustimmen. Tatsächlich passiert allerdings etwas völlig anderes im Hintergrund: Persönliche Ansprache erzeugt eine Erwartungshaltung. Bei persönlich bekannten Absendern ist die – hoffentlich – positiv. Stellt sich die persönliche Mail als Massenmail heraus, weil in Marketingsprache unpersönlich verfasst, wird die Erwartungshaltung enttäuscht. Der Empfänger reagiert negativ. Die Botschaft erhält einen negativen Anstrich selbst wenn sie noch so erfreulich ist und mit ihr der Absender. Das alles geschieht unbewusst und sehr schnell.

Echt und durchgängig personalisierte und persönliche Mailings gibt es vergleichsweise wenig. Halb oder schlecht personalisierte Mailings gibt es jede Menge. Ein richtig gut personalisiertes Mailing mit interessantem Inhalt funktioniert richtig gut, denn der Empfänger fühlt sich abgeholt und wird interagieren. Allerdings ist ein solches Mailing auch richtig schwierig zu verfassen und zu gestalten.

Wer sich diese Arbeit nicht machen möchte (oder sie nicht leisten kann), sollte auf Standardmailings zurückgreifen. Das richtet wenig Schaden an und wird maximal nicht gelesen.

 

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