Der PC-Markt in der Distribution schrumpft und je stärker er schrumpft, desto eifriger restrukturiert die Distribution. Aber passt eigentlich die Art, wie wir in der Branche Geschäfte machen?
Der klassische PC, von dessen Verbreitung die gesamte Branche seit den achtziger Jahren lebt, ist als Produkt nicht mehr sexy. Das Marktvolumen schrumpft, die Branche muss sich neu orientieren. Ein Minus von 16 Prozent bescheinigt Marktforscher Context dem PC-Markt. Die Besonderheit: Context misst die Abverkäufe in der Distribution.
Auch Wachstumsmärkte verzeichnet Context: Im dritten Quartal hat die Distribution 58 Prozent mehr Tablets verkauft als im Vorjahresquartal. Acht Millionen Tablets werden dieses Jahr in Deutschland abgesetzt, das hat kürzlich bereits der Branchenverband Bitkom bekannt gegeben. Als wir vor vielen Jahren… – aber das kennen Sie ja schon, will sagen Anfang der 1990er Jahre – damals war der deutsche sechs Millionen PCs groß. Aus dieser Zeit stammt auch das historische Foto, das ich extra für den Beitrag im Archiv aufgestöbert habe (Einweihung eines Schadt Großflächenmarktes in München).
Was aber passiert, wenn der Markt nicht mehr wächst, alle aber so weiter arbeiten wie immer? Speziell in der Distribution. Dieser Frage nachzugehen ist interessant.
Klassische Hardware, PCs, Notebooks, Server etc. wird im Wesentlichen über den Preis verkauft. Dieser Umstand wird häufig von allen Marktteilnehmern beklagt, nachhaltig verändert ihn aber keiner. Hier beginnt meine Denksportaufgabe.
Ein großer Hersteller bezahlt seine Distributoren mit einem Prozentsatz X des Umsatzes dafür, dass sie ihm helfen, seine Partner zu qualifizieren. Im Partnerprogramm gibt es zwei Stufen, nennen wir sie: Checker und Top-Checker.
Top-Checker sind besser ausgebildet als reine Checker und können daher mehr Geschäft machen. Denn sie sind in der Lage, die Kunden besser zu bedienen. Für Top-Checker ist die Investition in Weiterbildung nicht unbeträchtlich. Um die Anstrengung zu belohnen, erhalten die Top-Checker vom Hersteller einen Prozentsatz X des Umsatzes.
Um die Checker zu unterstützen, den Top-Checker-Status zu erreichen erhält die Distribution wie gesagt Geld vom Hersteller. Sobald aus dem Checker ein Top-Checker wird, bekommt die Distribution für dessen Betreuung kein Geld mehr on Top. Denn die Mission ist erfüllt. Für den Partner ist das in Ordnung, denn zunächst hilft ihm die Distribution, seinen Status zu verbessern; anschließend belohnt ihn der Hersteller. Damit der Statuswechsel nicht zu abrupt ist, gibt es eine Übergangsfrist. Für eine begrenzte Zeit erhält die Distribution weiterhin die X Prozent. Der neue Top-Checker natürlich auch. Soweit zur Theorie. Klingt kompliziert und ist es auch. Allerdings ist die Theorie längst nicht so kompliziert wie die Realität.
Denn die Distribution ist clever: Damit mehr Checker beim Distributor einkaufen, gibt der die X Prozent an die einkaufenden Checker weiter. Damit kauft ein Checker genau so günstig ein wie ein Top-Checker. Weil Hardware im Wesentlichen über Preis verkauft wird, gibt der Checker die X Prozent an seine Kunden weiter. Sobald der Checker zum Top-Checker wird, erhält er zusätzlich zu den X Prozent vom Distributor X Prozent vom Hersteller – zumindest für die festgelegte Übergangszeit. Weil der frischgebackene Top-Checker in der Übergangszeit X Prozent günstiger einkauft alle anderen, nutzt er die X Prozent, um seinen Kollegen Kunden auszuspannen. Denn Hardware wird im Wesentlichen über den Preis verkauft.
Weil das Programm so kompliziert ist, werden die Details besser gar nicht erst kommuniziert. Das würde alle nur verwirren. Aber so weiß der frisch gebackene Top-Checker nicht wie ihm geschieht wenn die Übergangsfrist endet. Erst kauft er gut ein, dann sogar noch besser und plötzlich wird er für seinen Status bestraft.
Jetzt erklären Sie Ihrem Kunden mal, warum der plötzlich bei Ihnen X Prozent mehr für die Hardware zahlen soll, nur weil Sie jetzt Top-Checker sind (und eigentlich beim Hersteller X Prozent günstiger einkaufen können).
Ganz blöd wird es, wenn von zehn Distributoren des Herstellers acht die X Prozent auch noch lange weitergeben, nachdem sie das Geld vom Hersteller nicht mehr erhalten. Warum? Wegen des Umsatzes, na klar. Weil sie Angst haben, die ganzen Checker und Top-Checker würden sonst nicht mehr bei ihnen kaufen. Denn es ist nun mal so, dass Hardware im Wesentlichen über den Preis verkauft wird.