Dell Going private – Wie jetzt?

Mehrfach habe ich über Dells Pläne, das Unternehmen von der Börse zu nehmen, berichtet. Jetzt hat sich Großaktionär Southeastern Asset Management in die Debatte eingeschaltet und stellt völlig überraschend einige naheliegende Fragen.

Die Initiative, das Unternehmen zu reprivatisieren, ging im vergangenen Sommer von einem Vorschlag des Großaktionärs Southeastern Asset Management, einer Anlageberatung aus Memphis Tennessee, gegenüber Unternehmensgründer Michael Dell aus. Jetzt, wo der Prozess kurz vor dem Abschluss steht, meldet sich Southeastern Chairman und CEO O. Mason Hawkins zu Wort: Dell sei mit 13,65 Dollar je Aktie – dem aktuellen Rückkaufangebot an die Aktionäre – unterbewertet. Sein zentrales Argument rückt eine zentrale wichtige Entwicklung im IT-Markt und deren Bewertung in den Fokus.

Unter der Überschrift „It is not about the PC. It is not about the PC. It is not about the PC…“ analysiert Hawkins die Geschäftstätigkeit von Dell um festzustellen, dass das Unternehmen – Marktwert heute knapp 25 Milliarden Dollar – deutlich unterbewertet ist, denn schon der Bereich ESS (IT-Infrastruktur für Unternehmen) wäre realistisch 20 bis 25 Milliarden Dollar wert, der Bereich DFS (Finanzdienstleistungen) sowie im Unternehmen verfügbare Barmittel elf Milliarden. Der große Bereich PCs und Notebooks, der 65 Prozent des Umsatzes ausmacht, liegt bei einem Wert von lediglich sieben bis acht Milliarden Dollar.

Und das ist natürlich blöd, sagt Hawkins, denn das PC-Geschäft mache doch gar nicht den Kern des Dell-Geschäfts aus. Das habe das Management schließlich über die Jahre immer wieder betont, Zukäufe getätigt und das Geschäftsmodell angepasst. Unternehmens-IT, das sei doch das Geschäft der Zukunft. Ein schönes Argument, das in Investorenkreisen in derselben Geschwindigkeit an Sex-Appeal verloren hat, mit der  Apple erfolgreich wurde. Seit Apples Aufstieg gilt: Das Device-Geschäft ist alles, wen interessiert schon Unternehmens-IT. Zumindest für Unternehmen wie Dell oder HP, die Devices – PCs, Notebooks, Tablets – verkaufen. IBM hat vor Jahren das PC-Geschäft an Lenovo verkauft. Marktwert heute: 237 Milliarden Dollar. EMC zum Beispiel hatte gar nicht erst ein PC-Geschäft und ist im Übrigen vergleichbar mit Dell ESS. Marktwert heute: 48 Milliarden Dollar.

Es geht nicht um den PC sagt Hawkins. Aber natürlich geht es hier doch um den PC. Und nur um mal die Zahl zu nennen, die die Anleger momentan so kirre macht: 407 Milliarden Dollar. Der Marktwert von Apple. Das Geschäftsmodell: Devices und ein bisschen Musik, ein bisschen Software. „Ja haben das die anderen denn nicht gewusst!“, fragen die Anleger in der Manier meiner Religionslehrerin und bestrafen gnadenlos zum Beispiel Dell.

Bei Hawkins Investorenkollegen ist Dell gründlich unten durch. Unternehmens-IT hin, Finanzdienstleistungen und Kassenbestände her. Und daran wird sich schwerlich etwas ändern, so lange Apple so erfolgreich ist wie momentan. Das ist irrational, denn die Dell-Strategie der letzten Jahre ist ja nicht ungültig. Das zeigt zum Beispiel die Bewertung von EMC. Und nicht jedem Unternehmen ist es gegeben, das iPad zu erfinden und Milliarden im Consumermarkt abzuräumen.

Ist es deswegen falsch PCs zu produzieren, die – Wachstumsraten hin oder her – nach wie vor in großen Stückzahlen in Unternehmen eingesetzt werden? Ich glaube nicht. Man wird auf Dauer sicher andere und bessere Geräte entwickeln müssen. Aber auch nicht jedem Unternehmen ist es gegeben IBM zu sein. Viele Dell-Kunden machen Geschäft mit Dell, weil Dell eben nicht wie IBM ist.

Macht Dell alles falsch? Wohl kaum. Aber das interessiert die Anleger nicht. Deshalb möchte Michael Dell die Firma von der Börse nehmen. Das weiß natürlich auch Hawkins – schließlich hat er es angeregt. Nur sieht er nicht ein, warum seine teuren Dell-Aktien lediglich noch 13,65 Dollar wert sein sollen und warum er sie überhaupt verkaufen soll. Gerne würde er das Going Private mitmachen. Nur das will Dell nicht.

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