Wenn ich Händler wäre, …

dann hätte ich zwischenzeitlich ziemlichen Groll auf die langjährigen Geschäftspartner Intel und Microsoft. Als Händler dächte ich mir: Über viele, viele Jahre hinweg haben wir drei gute und ab und an sogar sehr gute Geschäfte miteinander gemacht. Du, Microsoft, hast stets den Takt angegeben, hast Betriebsysteme und Software geliefert, die nach immer leistungsfähigerer Hardware rief. Und Du, liebe Firma Intel, hast genau diese geliefert. So verging Zyklus um Zyklus und meine Kunden machten bereitwillig den Geldbeutel auf, weil ihnen ein flotter PC-Fuhrpark wichtig war. Sie konnten gar nicht anders – irgendwie.

Das war prima, denn als Händler konnte ich mit dem Verkauf von Wintel-Produkten einen Großteil meines Lebensunterhalts bestreiten. Doch die Zeiten sind vorbei! Die mit Intel-Technik angetriebenen Tisch-und Klapprechner sind inzwischen so sauschnell, dass sie für den Alltags-und Bürogebrauch ehrlich gesagt fast schon überzüchtet sind. Kaum ein Kunde spricht mich darauf an, ob es nicht schnellere Maschinen mit noch mehr Dampf gäbe. Und Windows 7 wird mir nun auch nicht gerade aus den Händen gerissen. Meine Kunden steigen dann um, wenn es sein muss und nicht wie früher, weil sie heiß darauf sind, ein neues Betriebssystem zu bekommen. Denn sie haben über die Jahre eines gelernt: Migrationen bringen fast immer Schmerzen mit sich. Da ist Abwarten oft die bessere Strategie.

In dem Zusammenhang mag ich jetzt schon mal die Frage aufwerfen, ob sich die Herren in Redmond und Santa Clara denn ernsthafte Gedanken darüber gemacht haben wie es bei diesem Thema mit uns dreien denn weitergehen soll? Habt ihr einen Plan, was wir nach der PC-Ära zusammen machen wollen? Würde mich echt mal interessieren – mir schwimmen hier langsam die Felle davon wenn ich ehrlich bin.

Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht entziehen, dass ihr beiden IT-Giganten euch viel zu lange auf euren Lorbeeren ausgeruht habt, wesentliche Marktentwicklungen versäumt und zudem krasse Fehler begangen habt. Ich rede davon, dass ihr beiden einen der spannendsten, am schnellsten wachsenden und damit einträglichsten Märkte schmählich vernachlässigt habt. Bis heute habt ihr, Microsoft und Intel, auch nicht nur ansatzweise ein Wörtchen im Tablet- und Smartphone-Markt mitzureden.

Habt ihr den Schuss nicht gehört? Oder etwa gar nicht hören wollen? Vor vier Jahren – was Äonen in dieser Branche bedeutet – brachte Apple das erste iPhone auf den Markt und ich erinnere mich noch gut an die in meinen Augen überheblichen Kommentare von Microsoft-Chef Steve Ballmer dazu. Sehen wir uns das doch nochmal an:

Es ist dem Microsoft-Obersten hoffentlich nicht entgangen, dass zwischenzeitlich weit über 100 Millionen iPhones über den Ladentisch gegangen sind. Was das in Umsatz und Ertrag bedeutet – die Zahlen gigantisch, anders kann man es nicht sagen.

Telefone , das war halt nicht das Feld an das wir bei Microsoft nie so recht glauben wollten. Shit happens! Klar, man kann ja mal daneben liegen. Aber doch nicht zweimal hintereinander!

Denn: Im Jahr 2010 stellt Apple mit dem iPad eine völlig neue Geräteklasse vor. Und auch hier kam es erneut zu einer in meinen Augen völligen Fehleinschätzung eines, sorry, wiederum leicht überheblich wirkenden Microsoft-Chefs:

Fakt ist: Apple hat zwischenzeitlich rund 33 Millionen davon abgesetzt (iPad und iPad 2). Wie kann es sein, Microsoft, dass euer Chef Steve Ballmer bei seiner Einschätzung zu diesem Thema erneut ziemlich daneben liegt? Ist ihm zwischenzeitlich nicht hinlänglich klar geworden, dass Tablets weder zu einer Kannibalisierung des PC-, noch des Notebook-Marktes führen, noch als eine Art PCs verstanden werden sollten, noch dass man ein PC-Betriebssystem auf Tablets aufpfropfen sollte? So funktioniert das einfach nicht. Wer so denkt, der läuft in meinen Augen Gefahr, auch noch eine dritte Fehleinschätzung zu leisten. Da wird mir als Händler langsam Angst und  Bang.

Und weil ihr, Microsoft und Intel, offensichtlich nicht wahrhaben wollt, dass die „Post PC-Ära“ längst angebrochen ist, wundere ich mich irgendwie auch nicht, dass ihr es bis zum heutigen Zeitpunkt nicht hinbekommt, dem Lauf von Apple auch nur annähernd etwas entgegenzusetzen.

Dem in der Wintel-Welt groß gewordenen Kollegen im IT-Handel, so denke ich mir, muss das gewaltig stinken. Denn das Geschäftspotential mit Tablets und Smartphones ist nicht riesig, es ist enorm. Aber ihr wollt ja nicht mitmachen, könnt oder wollt weder Betriebsystem, noch Prozessoren liefern aus denen eure OEMs Produkte machen, die einem aus der Hand gerissen würden. Nichts passiert. Und wenn doch etwas auf dem Markt aufschlägt, entpuppen sich die Geräte allesamt als Ladenhüter. Und Apple wie auch inzwischen Google preschen immer weiter voraus.

 Es gibt Systemhäuser, die längst begriffen haben, wohin der Hase läuft und – viel wichtiger noch – ihren Kunden zuhören. Deren Kunden wollen nämlich genau diese iPads und iPhones an die Steve Ballmer bis heute nicht zu glauben scheint und schon dreimal nicht im Unternehmenseinsatz angesiedelt sieht. Es gibt aber genügend Systemhauschefs die sagen: iOS-Geräte im B2B-Umfeld sind derzeit der Verkaufshit schlechthin. Die Nachfrage ist so groß, dass beispielsweise Computacenter sich das Gravis-Systemhauses HDS einverleibt hat, um noch schneller und im größeren Stil Großunternehmen mit Tablets von Apple auszustatten. Und Cancom-Vorstand Rudolf Hotter jammert gar auf höchstem Niveau, dass sein Unternehmen weiteren Bedarf an mindestens 8.000 iPads hätte, um die Nachfrage seiner Klientel halbwegs decken zu können. Ein „Bombengeschäft“ sei der Verkauf und die Integration von Apple-Tablets in Unternehmen, sagt Hotter. Nach Wintel-Tablets, das sagt der Cancom-Manager im gleichen Atemzug, würde hingegen kein Hahn krähen. Das ist irgendwie sehr bedenklich finde ich.

Denn darum geht es: Es ist bitter für uns Partner, dass ihr beiden „Technologieschmieden“ Intel und Microsoft es seit vier Jahren nicht auf die Reihe bekommen, dem Markt, und damit auch dem Handel, adäquate Geräte anzubieten. Stattdessen scheint die anfängliche Ratlosigkeit in Planlosigkeit zu münden: Derzeit deutet nichts darauf hin, dass es euch gelingen könnte, ein Wörtchen im Smartphone und Tablet-Markt mitzureden. Derweil jedoch, rauscht dieser Milliardenmarkt an uns Wintel-Händlern vorbei. Stattdessen sollen wir lieber Produkte aus der Cloud verkaufen.

Cloud-Produkte? Also, wenn ich Händler wäre, …. (ach, dazu ein ander Mal).

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