Verkauft ist was der Kunden behält – und nutzt

Auf die Frage, wann ein Geschäft erfolgreich abgeschlossen ist, gibt es eine ganze Reihe von Antworten. Nicht jede zeigt Wege in die Zukunft eines Unternehmens.

Wir leben in einer Welt des Vertriebs. Die deutschen Niederlassungen vieler Hersteller unserer Branche sind inzwischen hauptsächlich Vertriebsbüros. Produktentwicklung findet anderswo statt, Produktion ohnehin und Marketing immer häufiger auch. Erst kürzlich hat Branchenprimus IBM eine neue Zentralisierungswelle im Marketing eingeläutet. Die fähigsten Mitarbeiter landen als Presales Consultants im Vertrieb.

„Wenn wir eine etwas tiefergreifende technische Frage haben, kann uns bei unserem Infrastrukturlieferant in Deutschland niemand wirklich weiterhelfen“, schildert vergangene Woche ein Hamburger Systemhaus.

Keine Frage, die Branche ist – inzwischen – vertriebsbestimmt. Verkaufte Stückzahl zählt, andere Belange treten in den Hintergrund. Wann aber ist ein Stück, sagen wir mal Hardware, etwa ein Notebook, verkauft?

Es geht um schnellen Umsatz, sagt der VB und schiebt eine Palette Notebooks in die Distribution. Die kauft die und schiebt sie ins Lager.

„Verkauft!“ sagt mancher und zahlt reichlich Provisionen. Acer hatte das System perfektioniert. Wir erinnern uns an die Erfolgsmeldungen der vergangenen Jahre. Acer war allerdings mit dem System auch abgestürzt, weil eben nicht verkauft ist, was im Distributionslager steht.

Der Distributor schiebt die Palette Notebooks in den Media Markt – um einen bekannten Player zu nennen, der stellt sie in den Markt. Palette? Zu klein! Container. Soll doch eine richtige Aktion werden.

„Verkauft!“ jubelt jetzt vielleicht der VB und verplant seine Provision. Und vielleicht hat er für die Aktion hart gearbeitet, hat mit Media Markt gesprochen, dem Media Markt den Container Notebooks verkauft.

So agieren viele Hersteller und sind euphorisch über Stückzahlen, die im Kanal „gehen“. So lang allerdings, bis sich die eine oder andere Palette mal nur halb verkauft und in unserem Beispiel der Media Markt den Rest vom Container nonchalant retourniert. Merke: Ware im Regal des Handels ist nicht wirklich verkauft.

Weil der Verkäufer clever ist, hat der den Fall einkalkuliert, Maßnahmen ergriffen und in unserem Beispiel den Flyer gebucht. Das hilft. Aber nicht immer. Was trotzdem übrig bleibt kommt zurück und ist nicht verkauft.

Meine Tante braucht ein Notebook, hat den Flyer gelesen, ist in den Media Markt gegangen und hat gekauft.

„Endlich, verkauft!“ freut sich der VB, ist zwar nur eines aber immerhin. Und in spätestens zwei Jahren wird er meiner Tante die neueste Generation verkaufen. Schön.

„So was Blödes!“ sagt meine Tante, weil das Notebook doch keine Tastaturbeleuchtung hat oder kein schönes Ornament auf dem Deckel oder sie dieses Online Banking nicht findet, packt es ein und trägt es wieder zurück. Ware zurück, Geld zurück. Ware zurück zum Hersteller.

Ware, die der Kunden nicht behält ist nicht verkauft und selbst wenn er sie behält aber nicht benutzt, ist sie zwar verkauft, aber ein einmaliges Geschäft, dem keine weiteren mehr folgen.

Vor Jahren hat Michael Kaack, damals noch Chef bei Ingram Micro, die These vertreten, dass mindestens ein Drittel aller in Aldi-Aktionen verkauften PCs niemals ausgepackt, geschweige denn in Betrieb genommen wurden.

Das Beispiel lässt sich auch in anderen Bereichen wiederholen, etwa bei Servern. Eine interessante Variante hat sich inzwischen bei Software herausgebildet: Cloud Computing. Das Produkt ist nur so lange verkauft, wie der Kunde es nutzt. Ein faszinierender Gedanke, der den Wert einer Kundenbeziehung über die Zeit in den Mittelpunkt stellt.

Ist das alles aufregend neu? Wohl kaum. Allerdings sollte es sich ins Gedächtnis rufen, wer Stückzahlen und Vertriebserfolge bejubelt, gerade weil unsere Branche so vom Vertrieb bestimmt ist.

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