Microsoft, Windows 8 und die OEMs

Es knirscht im Gebälk, die Allianzen wackeln, die neue Welt formiert sich und sie tut es schnell: Willkommen in der Post-PC-Ära.

Früher war die Welt einfach: Microsoft und Intel dominierten den Markt. Wer in ihrem Windschatten segelte, der konnte gutes Geld verdienen. Profitiert haben die Partner – neuerdings auch Ökosystem genannt: Die OEMs, ISVs und der Channel. Arrangieren musste man sich mit quasimonopolistischen Strukturen. Die hatten für alle Beteiligten aber mehr Vor- als Nachteile. Denn sie boten Sicherheit und planbare Profitabilität. Microsoft und Intel waren unangreifbar, ihre engen Partner die Stars an den Märkten. Die goldene PC-Ära.

Inzwischen hat sich die Welt verändert. Unmerklich beinahe für die Anhängerschaft der PC-Welt. Ungläubig schüttelt man bei Microsoft (in Deutschland) den Kopf: „Wir sind doch eine coole Company!“ ist zu hören und „Windows 8 verkauft sich doch so gut“.

(Randbemerkung: So gut immerhin, dass Microsoft es nicht für nötig hielt, auf der Veranstaltung eines ihrer großen Distributionspartners Windows 8 zu zeigen. Die fand immerhin am Vortag des offiziellen Launchs statt und wurde besucht von weit mehr als tausend potenziellen und meist Windows-8-kritischen Fachhandelskunden)

Statt des PCs sind Telefone das Maß der Dinge geworden und in ihrem Gefolge sogar Tablets. Apple hat im Handstreich geschafft, was das gesamte PC-Ökosystem über Jahrzehnte versucht und nicht fertig gebracht hat, Tablet Computer im Markt zu etablieren. Die neuen Spieler im Markt heißen Google und Apple, Amazon und vielleicht Facebook, sicher aber auch Samsung (und zwar nicht die Notebook-Abteilung). Umsatz und Profitabilität sind vielleicht Kriterien des Erfolgs. Aber sie sind trügerisch. Das Beispiel Novell zeigt, dass Unternehmen über Jahre hochprofitabel sein können, ohne etwas im Markt zu bewegen, um schließlich verkauft und ausgeschlachtet zu werden.

Weil die IT-Welt sich ändert und niemand genau weiß, was die Zukunft bringen wird, macht sich unter den Partner Zwietracht breit. Entschieden und radikal auf die Herausforderung hat Microsoft reagiert. Windows 8 und vor allem die neue auf Touch ausgerichtete Oberfläche, ist zukunftsweisend. Aber es überfordert einen großen Teil des Ökosystems und dessen Kunden (von denen viele am liebsten so weitermachen würden wie gehabt). Intel hält mit dem Konzept des Ultrabooks und sehr großen Marketingbudgets dagegen. Einen durchschlagenden Erfolg konnten beide Initiativen bislang nicht erzielen. Und so streiten sich die Partner. Richtig beobachtet hat das Lars Bube bei der CRN. Zum wiederholten Mal beschimpft Acer CEO JT Wong Microsoft und Windows 8 (Intel CEO Otellini hatte das in der Vergangenheit auch getan, musste um des lieben Friedens willen allerdings öffentlich Abbitte leisten). Ambivalent reagiert HP, Microsofts größter Partner. Ein eigenes Betriebssystem (WebOS) wird erst zugekauft, dann eingestellt um jüngst im Hintergrund eines Fernsehinterviews von PPS Chef Bradley auf einem Tablet wieder aufzutauchen. Inzwischen kursiert auch das Datenblatt für ein Chromebook, auf dem der Name Microsoft kein einziges Mal auftaucht. Der Asus CEO tanzt um ein Notebooktablet, in das er ein Handy gesperrt hat und Dell CEO Dell arbeitet daran, seine Firma von der Börse zu nehmen – wobei ihm Microsoft helfen möchte. Nicht einfacher wird die verfahrene Situation durch den Umstand, das Microsoft inzwischen in Handy-Hersteller Nokia investiert hat, selbst ein Tablet auf den Markt bringt (Insider munkeln von einer eigenen Fabrik in China) und schon mal eine Betriebssystemversion für ARM-CPUs entwickelt hat.

Lautlos haben sich die Gewichte im Software Ökosystem der ISVs verschoben. Hier sind inzwischen viele Entwickler in die neue Welt abgewandert, basteln Apps für Android oder Apple oder beschäftigen sich mit Webentwicklung – weit jenseits der PC- und Windows-8-Welt. Der Sieg in diesem Teil Ökosystems ist kriegsentscheidender als der Ausgang der Streitigkeiten in der Hardwareszene. Auch wenn in der Hardware vielleicht höhere Umsätze auf dem Spiel stehen. Denn am Ende entscheidet sich der Anwender immer noch für eine Anwendung und dann erst für ein Gerät.

Das klingt ganz einfach. Aber die Situation wirft eine große Menge sehr schwieriger Fragen für die auf, die am unteren Ende des Ökosystems arbeiten, direkt am Endkunden, für den Channel, Hard- und Softwarehäuser, Systemhäuser und Integratoren. Denn deren Geschäft wird sehr nachhaltig beeinflusst, wenn die IT-Welt sich verändert. Die  Frage: „Haben meine Partner die richtigen Lösungen für meine Kunden?“ mündet in der Frage: „Habe ich die richtigen Partner und habe ich das richtige Geschäftsmodell?“

Ist sich das Ökosystem heute über den Ernst der Lage im Klaren? Ich fürchte in weiten Teilen nicht. Muss ich als Systemhaus heute mein Geschäft umstellen? Vermutlich nicht. Allerdings sollte mir bewusst sein, dass die Welt sich verändert und ich mein Geschäft bald an neue Gegebenheiten anpassen muss. Und dass so eine Veränderung mit Umsatzeinbruch und Gewinnrückgang verbunden ist, die auch unter wirtschaftlichem Druck ganz sicher nicht von heute auf morgen umsetzbar ist.

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