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Blackberry: So sexy wie fleischfarbene Stützstrümpfe

Das war es dann wohl. Blackberry, vormals bekannt als Research in Motion, klammert sich an einen Strohhalm und hofft auf einen rettenden Investor. Auch der komplette Verkauf der einstigen Technologieschmiede aus Kanada gilt als Option. Doch was soll da gerettet werden?

Immer nur bergab geht es mit dem Aktienkurs des Herstellers. Der Wert des Unternehmens schmilz wie Eis in der Sonne. Brachte Blackberry in seiner Hochzeit eine Marktkapitalisierung von gut 62 Milliarden Euro auf die Waage, so sind es heute nur noch 4,2 Milliarden Euro. Es wird eng für die Kanadier und es besteht akuter Handlungsbedarf.

Peak Blackberry: Ab Mitte 2008 ging es steil bergab. Quelle: Wolfram Alpha
Peak Blackberry: Ab Mitte 2008 ging es steil bergab. Quelle: Wolfram Alpha

Unternehmenslenker Thorsten Heins glaubt, dass eine Privatisierung der Firma genügen Luft verschafft, um durchzuatmen  und in aller Ruhe darüber sinnieren zu können, wie Blackberry an vergangene Erfolge anknüpfen kann. Ich fürchte, dafür ist es zu spät. Das Unternehmen hatte seine Chance, sich im hartumkämpften Smartphone-Markt wieder nach oben zu boxen. Genutzt wurde sie jedoch nicht – zuviele Management-Fehler wurden gemacht.

Ohne Worte.
Ohne Worte.

Wir erinnern uns: Im Oktober 2011 gab Blackberry bekannt, auf ein neues Betriebssystem setzen zu wollen. Mit dem modernen und in Fachkreisen durchaus gelobten OS 10 sollten die kommenden Gerätegenerationen sich im Markt der  Smartphones mit Apple iOS oder Android  behaupten.

Kardinalfehler hierbei: Das Unternehmen lies dazu hinreißen, mit einer überdrehten Kommunikation einen regelrechten Hype zu schüren. Die Konkurrenz sollte dadurch eingeschüchtert, die Fans bei der Stange gehalten werden. Fern jeglicher Realität wurde eine absurde Erwartungshaltung im Markt geschürt. Und eineinhalb Jahre später war es dann soweit: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Ein Smartphone wie jedes andere kam auf den Markt.

Turnaround scheitert kläglich

Die erhoffte Aufmerksamkeit für die neuen Produkte verpuffte in kürzester Zeit. Selbst die Begeisterungsstürme in der Blackberry-Getreuen, die 18 Monate lang den „iPhone-Killer“ herbeiorakelte, hielten sich in Grenzen. Schaumschlägerei wird schnell entlarvt.

Außerhalb der Kernzielgruppe der geschäftlichen Anwender wurde der Neuzugang aus dem Hause Blackberry  kaum wahrgenommen. Dafür war auch die anfängliche Kommunikationsstrategie nicht ausgerichtet. Erst als die Ware wie Blei in den Regalen lag, wurde panisch versucht, die Produkte auch Privatkunden schmackhaft zu machen. Es folgten wirre Marketingaktionen die in der Folge die potentielle Klientel verunsicherte. Sind die neuen Blackberry-Geräte nun Arbeitswerkzeug für Business-Kunden oder eine Alternative zu Apples iPhone oder Samsungs Galaxy? Man weiß es nicht.

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Die mauen Verkaufszahlen untermauern die daneben geratene Ansprache des Marktes. Im zweiten Quartal 2013 setzt die Company lediglich 6,8 Millionen – statt wie erwartet 7,5 Millionen – Smartphones ab. Besonders bitter: Nur 2,7 Millionen der ausgelieferten Geräte  entstammen der neuen Generation.

Auch der strategisch so wichtige Aufbau eines Ökosystems für den umsatzträchtigen Verkauf von Inhalten (Apps, Musik, Filme) stand und steht alles andere als unter einem guten Stern. Mit 10.000 Dollar Prämie versuchte das Unternehmen App-Entwickler zu locken. Böse Zungen sprechen hier gar von Schmerzensgeld. Die Zahl von rund 120.000 Apps im digitalen Kaufladen der Kanadier sagt alles über die Attraktivität der Plattform aus.

Nicht vergessen werden darf an dieser Stelle das Debakel mit dem Hoffnungsträger „PlayBook“. Wie das auf Geschäftskunden fokussierte Unternehmen je auf die Idee kam, ein halbfertiges Tablet auf diesen kindischen Namen zu taufen, hat sich bis heute wohl niemanden erschlossen. Die Konsequenz: Das „PlayBook“ erwies sich als Rohrkrepierer und landete in kürzester Zeit zu Schleuderpreisen in den Grabbelkisten der Retailer.

Die völlige Planlosigkeit des Blackberry-Management nahm immer mehr absurde Züge an: Heins kündigt ein  – von den Kinderkrankheiten geheiltes – PlayBook 2.0 an, um wenigstens im sich damals sich gerade entwickelnden Tablet-Markt ein Wörtchen mitzureden zu können. Kurz darauf folgte die  Kehrtwende: Das Unternehmen werde sich endgültige aus diesem Produktsegment verabschieden. Dazu der Blackberry-Oberste Thorsten Heins: „In fünf Jahren wird es meiner Meinung nach keinen Grund mehr geben, warum man ein Tablet haben sollte.“  Völlig zu Recht fragte sich Podcast-Kollege Damian Sicking im Zuge dessen, ob Heins irgendwas geraucht hat.

Und zu allem Unbill entpuppen sich die gerne zitierten Vorzüge eines Blackberry als völliger Mumpitz: Mit einem Blackberry könne man wesentlich sicherer als mit einem andere Smartphone kommunizieren und zudem sei eine „echte“ Tastatur viel besser als ein Touchscreen. Mal abgesehen davon, dass es weit bessere Endgeräte für Schreiber von Romanen gibt, gerät auch Blackberry immer wieder mit eklatanten Sicherheitslücken in die Schlagzeilen.

Düstere Aussichten

Was also, und die Frage muss erlaubt sein, begründet die Hoffnung, dass Blackberry unter den Fittichen eines Investors oder Käufers zu neuer Blüte reift? Mir fällt dazu wenig bis gar nichts ein. Allenfalls die Patente des kollabierenden Unternehmens mögen ein Invest rechtfertigen. Zu spät hat das Unternehmen auf die Marktveränderungen reagiert, zu lange auf dem hohen Ross gesessen. Blackberry ist das Polaroid des Smartphone-Marktes.

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