Kommen Sie! Sehen Sie! Staunen Sie!

Vor langer Zeit hat die Branche Veranstaltungen als das ultimative Vertriebswerkzeug entdeckt. Kunden sollen kommen, hören und kaufen. Partner sollen kommen, hören und auch kaufen bzw. verkaufen. Und zwar möglichst viel und das möglichst schnell. Jahrelang hat das sehr gut funktioniert und zuletzt immer schlechter. Gerade hat Google zu seiner Roadshow eingeladen.

Ausgerechnet per Linked in ist Ende vorvergangener Woche die Einladung von Google zur Google Atmosphere Roadshow. Absender Michael Korbacher, Head of Google Enterprise Sales DACH, langjährigerer erfolgreicher Microsoft Vertriebsmitarbeiter, ganz früher mal bei Compaq, mithin in der Branche nicht unbekannt.

„Hallo Andreas Raum“, schreibt er in einer etwas längeren Einladung auf einer Linked in Landing Page, dass sich die Art des Arbeitens verändert hat und dass Google inzwischen vier Millionen Unternehmen mit Google Apps hilft, sich an die neue Arbeitsweise anzupassen. Dabei ist auch eine sehr knappe Agenda: Zu hören sind auf der Veranstaltung Branchenexperten, Kunden, Google Produktexperten und Google Führungskräfte. Kunden finde ich persönlich sehr interessant, Kontakt zum Google Management ebenfalls. Gleich wird noch ein Anwender zitiert: Dr. Alan Hippe, CFO und CIO bei Roche. So groß wie Roche ist die freyraum marketing GmbH zwar nicht, aber egal, ist natürlich interessant. Im restlichen Schreiben löst er noch auf inwiefern sich die Art des Arbeitens geändert hat und wie Google hilft; aber da hatte ich schon den „Registrieren“-Knopf gedrückt.

Die Informationen, die jetzt kommen, sind eher minimalistisch (zum Beispiel das sehr allgemein gehaltene Programm). Zudem ist es schlichtweg nicht möglich, herauszufinden, wo genau in München die Veranstaltung stattfindet. Egal. Es interessiert mich, also melde ich mich an.

Sehr interessant ist was dann passiert. Die Registrierungsbestätigung trägt den Zusatz: „Sie sind jetzt auf der Warteliste“. Weil die Anzahl der Teilnehmer limitiert ist, werde ich benachrichtigt, wenn ein Platz frei wird.

Während ich also auf einen freien Platz warte und mich frage, warum Google mich an erster Stelle angeschrieben und eingeladen hat (und die Einladung über Linked in wird nicht ganz billig gewesen sein), drei Gedanken zu dieser und Veranstaltungen in unserer Branche.

Beinahe verzweifelt versuchen Unternehmen unserer Branche Besucher für ihre Veranstaltungen zu generieren. Bis auf ganz wenige Anbieter und Formate ist der Erfolg eher übersichtlich. Dabei locken die Veranstalter mit Incentives und tollen Lokationen. Hiervon hebt sich Google mit seiner Veranstaltung wohltuend ab. Weder bekomme ich vielleicht einen iPod geschenkt, wenn ich komme, noch wird der Veranstaltungsort überhaupt bekannt gegeben. Das alles sollte auch weniger eine Rolle spielen als die angebotenen Inhalte. Auf die kommt es an, wegen der gebotenen Informationen besuchen ansonsten viel beschäftigte Menschen eine Veranstaltung und sind in manchen Fällen sogar bereit, dafür nicht nur ihre Zeit, sondern auch Geld zu investieren.

Zugegeben, die Informationen über die Inhalte der Google Roadshow sind minimal und allgemein. Allerdings schrecken sie auch nicht ab. Vielen Veranstaltungen ist schon auf den ersten Blick anzusehen, dass es sich um Powerpointschlachten voller trivialer Marketingaussagen handelt, quasi Butterfahrten, an deren Ende der Beteiligte als Lead wegsortiert und später kontaktiert wird oder eben auch nicht. Hier hilft es häufig, einen Schritt beiseite zu treten, die eigene Agenda für einen Moment zu vergessen und über das Informationsbedürfnis seiner Zielgruppe nachzudenken.

Begehrlichkeiten zu wecken ist ein interessante Marketing- und Vertriebsstrategie. Die meisten Veranstalter tun in ihrer verzweifelten Suche nach Teilnehmern das Gegenteil. Statt in tolle Inhalte zu investieren, eine Veranstaltung zunächst mit wenigen Teilnehmern zu planen und die Plätze so zu verknappen, wird der Markt mit Einladungen gespamt, so lange bis auch der letzte Interessierte erkannt hat: Hier ist die Not groß, denn wer so trommelt, dem fehlen die Teilnehmer.

Dass Veranstaltungen wachsen müssen und dafür Zeit brauchen, dass sich Zielgruppen finden müssen und dass es eine Einladungsdramaturgie braucht, das klingt nicht banal, geht aber häufig im Tagesgeschäft unter. Ganz häufig hilft es, sich zu überlegen, wie man selbst angesprochen werden möchte und welches Programm die Veranstaltung hat, die man selbst besuchen würde.

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